Alternativen zu großflächigen Begiftungen
Schäden durch Maikäfer im Hardtwald
Alle vier (bzw. tendenziell drei) Jahre findet im Hardtwald ein
besonderes Ereignis statt: ein massenhafter Maikäferflug. Millionen von
Maikäfern fressen Bäume - vor allem Eichen - kahl. Das sieht zwar sehr
spektakulär aus, ist jedoch nicht das eigentliche Problem, denn die Bäume
verkraften das, sie treiben nach vier bis fünf Wochen annähernd die
gleiche Blattmasse neu aus. Das eigentliche Problem sind vielmehr die
unzähligen Engerlinge, die vor allem die lebenswichtigen Feinwurzeln
der Bäume fressen. Hauptsächlich junge Bäume sterben dann ab.
Was kann nun gegen diese Plage unternommen werden? Die Forstverwaltung,
vor allem die Forstwirtschaftliche Versuchsanstalt (FVA) in Freiburg
meint, dass da nur ein massiver Gifteinsatz hilft. Früher wurden
Gifte wie Rubitox, Dimilin, Katate und Neem versuchsweise eingesetzt,
angeblich alle ohne ausreichende Wirkung bzw. heute nicht mehr
erhältlich (Rubitox). Das zeigt übrigens, dass es niemals ein
spezielles Mittel gegen Maikäfer geben wird: Die Entwicklungs- und
Zulassungskosten sind viel zu hoch, der Markt viel zu klein. Man wird
also immer Mittel nehmen müssen, die für den landwirtschaftlichen
Einsatz entwickelt wurden bzw. werden. Man setzt jetzt auf Dimethoat
(Handelsname: Perfekthion, neuerdings Danadine), ein Organophosphat wie das E 605.
Es gelang den Naturschutzorganisationen, darunter auch den Hardtwaldfreunden,
die Forstverwaltung vom Einsatz dieses hochproblematischen Mittels im
Flugjahr des Südstamms 2003 im Staatswald abzuhalten. Allerdings wurde
es in den Gemeindewäldern Malsch, Durmersheim und Bietigheim mit
"durchschlagendem" Erfolg eingesetzt. In 2004, im Flugjahr des Nordstamms,
wurde mit Zustimmung der Naturschutzverbände auf einer Versuchsfläche von
400 ha (aus angeblich bekämpfungstechnischen Gründen von der Forstverwaltung
auf 558 ha ausgeweitet) Dimethoat in die Baumkronen gesprüht. Voraussetzung
und Grund der Zustimmung der Naturschutzverbände war, dass erstmals eine
ernsthafte wissenschaftliche Begleituntersuchung der Wirkung auf
Nichtzielorganismen durchgeführt wird.
Die bei weitem wichtigste Alternative: waldbauliche Maßnahmen:
Das dies alles wirksam ist und es eben nicht stimmt, dass solche Maßnahmen
nichts nützen, zeigt das Revier unseres Waldstadtförsters Huber, der diese
Prinzipien seit Jahren anwendet. Bei ihm gibt es natürlich auch
Maikäferschäden. Sie sind aber keineswegs so gravierend, dass man
massivere Methoden anwenden müsste. Selbstverständlich wurde in seinem
Revier seit Jahrzehnten kein Gift gespritzt. Trotzdem ist keine
Kiefernmonokultur entstanden, wie es von der Forstverwaltung immer
wieder behauptet wird.
Ergänzend kann man den Pilz Beauveria brongniartii fördern, indem man den
Boden zusätzlich mit ihm impft. Leider ist die Forstverwaltung dazu nicht
bereit, und wenn, legt sie den Versuch so an, dass der garantiert scheitert:
auf 0,5 ha Sturmwurffläche, also pilzfeindlicher trockener Kahlfläche.
Außerdem meint die Forstverwaltung, dass ein Durchpilzungsgrad der
Engerlinge bzw. der schlupfreifen Käfer von immerhin 30 % nicht
ausreichend sei.
Abschließend: Es gibt in der Natur kein grenzenloses Wachstum. Ist
eine bestimmte kritische Bestandsdichte erreicht, greifen natürliche
Gegenspieler (unter anderem der erwähnte Pilz Beauveria) ein, der
Bestand bricht zusammen: die sogenannte Gradation. Der Gifteinsatz
durch die Forstverwaltung bewirkt nur, dass der Maikäferbestand immer
wieder unter die kritische Bestandsdichte gedrückt wird. Eine Lösung
für das Maikäferproblem ist der Gifteinsatz - abgesehen von den
gravierenden Nebenwirkungen - also gerade nicht.
Für ergänzende Fragen stehen die Hardtwaldfreunde gern zur Verfügung.
Da es (noch) keinen Chatroom gibt, bitte Mail an
info@hardtwaldfreunde.de .
Sie erhalten dann kurzfristig eine Antwort.
Ordnung: Käfer (Coleoptera), Unterordnung Polyphaga, Gruppe Blatthornkäfer (Lamellicornia), Familie Laubkäfer (Scarabaeidae), Gattung Melolontha. Zwei Arten: der Feldmaikäfer (Melolontha melolontha) und der etwas kleinere Waldmaikäfer (Melelontha hippocastani).
Im Prinzip vierjähriger, vermutlich durch die Klimaerwärmung immer häufiger zu dreijährig gehender Entwicklungszyklus. Verpuppung im Sommer vor dem Schlüpfen (vollständige Metamorphose), ab Herbst warten die fertigen Käfer auf das Schlüpfen im nächsten Frühjahr. Dann bei entsprechenden Tageslängen und Temperaturen schlüpfen die Käfer. Dann allabendlich ein etwa einstündiger Schwärmflug in der Abenddämmerung. Blattfraß, Kopulation, danach eine bzw. auch zwei Eiablagen durch die Käferweibchen in den Boden, wobei trockene Böden und offene Flächen bevorzugt werden. Aus den Eiern entwickeln sich die Engerlinge, wobei drei Larvenstadien (L1, L2, L3) unterschieden werden. Diese verursachen massive Wurzelschäden.
Im Hardtwald geht es um die Waldmaikäfer. Es gibt den Nordstamm
(Kerngebiet Raum Schwetzingen, südliche Verbreitungsgrenze bis ca.
Graben-Neudorf), Hauptflugzeit z.B. 2004; und es gibt den Südstamm
(Kerngebiet südlich Karlsruhe, nördliche Verbreitungsgrenze auch bis
ca. Graben-Neudorf), Hauptflugzeit z.B. 2003.
Durch die erwähnte Zyklusveränderung sowie die Bildung von Nebenstämmen
gibt es immer mehr zeitliche und räumliche Überschneidungen.
Maikäfer sind wichtige Nahrungsgrundlage für die Jungen vieler Tierarten,
z.B. des Ziegenmelkers, aber auch von Fledermäusen, wie beispielsweise
der Bechsteinfledermaus. Diese Arten kommen auch im Hardtwald vor.
Ein parasitärer Pilz, der Engerlinge und schlupfreife, aber auch
ausgewachsene Maikäfer befällt. Er führt zur Vitalitätsreduktion und letztlich zu
deren Absterben. Dieser Pilz kommt im Boden natürlich vor, kann aber auch durch
Ausbringung von mit ihm geimpften Gerstenkörnern zusätzlich gefördert werden.
Die optimale Temperatur für die Entwicklung beträgt 22 bis 25o C. Temperaturen
über 27o C bringen ihn auf die Dauer zum Absterben. Der Pilz ist aber schon ab
2o C aktiv und kann ab dieser Temperatur auch von infizierten Engerlingen auswachsen.
Die Wirksamkeit des Pilzes hängt wesentlich von der Bodenbeschaffenheit sowie
von der Feuchtigkeit ab. In feuchten Jahren gibt es praktisch keine Unterschiede
zwischen (z.B.) Gartenerde und Sandboden, in trockenen Jahren jedoch sehr starke.
Da der Maikäfer bekanntlich trockene Böden bevorzugt, ist es sehr wichtig, dass
in der Rheinebene mit ihren sandigen Böden keine solche Trockenflächen entstehen
(siehe "waldbauliche Maßnahmen" im Hauptteil).
Ein in den 40-er Jahren des letzten Jahrhunderts entwickeltes Gift aus der Gruppe
der Organophosphate bzw. organischen Phosphorsäure-Ester, zu dieser Gruppe gehört
auch das bekannte Gift E 605 oder auch die im ersten Weltkrieg eingesetzten Nervengase.
Es wird unter Handelsnamen wie Perfekthion oder Danadine hauptsächlich in der
Landwirtschaft eingesetzt, hier mit deutlich höheren Konzentrationen als bei
der Maikäferbekämpfung im Wald .
Dimethoat ist ein systemisches Kontakt- und Fraßgift. Die Wirkung beruht auf einer
Hemmung des Enzyms Cholinesterase im Nervensystem. Dieses Enzym baut den
Nervenbotenstoff Acetylcholin "nach Gebrauch" wieder ab. Geschieht das nicht,
gerät das Nervensystem durcheinander. Es kommt zu Zuckungen und Krämpfen,
dann dem Tod. Prinzipiell ist die Wirkungsweise bei Insekten, Spinnentieren
und Warmblütlern gleich, allerdings ist die tödliche Wirkung bei Säugetieren
- also auch dem Menschen - durch eine schnellere Entgiftung nicht so hoch.
Bei Fischen und deren Nährtieren ist die Giftwirkung hoch, bei Amphibien und
Reptilien sehr wahrscheinlich. Wirkungen auf (auch Jung-) Vögel sind zweifelhaft,
können mangels ausreichender Datenbasis aber nicht ausgeschlossen werden. Die
Wirkung auf Fledermäuse dürfte beträchtlich sein, insbesondere auf die
Bechsteinfledermaus und ähnliche Arten, die auch Nahrung vom Boden aufnehmen,
also auch die sterbenden bzw. toten Maikäfer. Drei Wirkungspfade: Die Aufnahme
kontaminierter Nahrung, kurzfristige Nahrungsengpässe, Kontaktwirkung des
Insektizids durch Aufnahme über die zarten Flughäute. Besonders gefährdet
sind die Jungtiere, beispielsweise durch erhöhte Neigung der Muttertiere
zu Aborten und die Aufnahme vergifteter Milch.
Sie finden zahlreiche weitere Seite zum Thema "Maikäfer Bekämpfung" mit Suchmaschinen.